Dienstag, 3. Juni 2014

Eine verbotene Liebe

"Auf einmal stehst du da, schaust dir deine Beute an,
Deine Blicke sagen mir "ich will dich mit Haut und Haar'n",
DU hast diesen Hunger, DU willst mich verschleppen,
In deine Höhle um mich häppchenweise aufzufressen."

So sehr hatte ich mich gefreut dich kennen zu lernen. Die Erzählungen und die gemeinsamen Google-Maps Abende haben mich neugierig gemacht. Mich, die ich nur ungern über meinen Tellerrand schaue und aus dem immergrünen Bonn mit allen Macken, Ecken und Kanten nicht loskomme.
Natürlich habe ich mich bestätigt gefühlt, dass es bei dir regnet, wenn ich doch bei strahlendem Sonnenschein in Bonn in den vermeindlich sonnigen Süden fahre. Ich wollte dich nicht mögen.
Nach einigen schönen Stunden mit einer Freundin habe ich dich am Abend vorsichtig erkundet. Die Straße, an der mein Hotel liegt, bietet unzählige Imbisse und ebenso vielfältige Menschen. Der Regen hat aufgehört, als würde mich die Stadt in ihren Bann ziehen wollen. Mich? Never!
Vorsichtig bewege ich mich durch die Menschen, als würde ich dazugehören. Stetiges Gemurmel über die immergleichen Probleme lassen mich tatsächlich schnell fühlen, als wäre ich schon ewig hier. Die Autos, die Häuser, die Straßenbahn, alles so wie in Bonn. Große, zum Teil schlecht gepflegte Kasernenbauten aus den 50iger Jahren neben wunderschönen - ja, wie heisst das hier? In Bonn würde man Südstadtvillen sagen. Gründerzeithäuser?
Kleine, versteckte Kaffeehäuser, vor denen alte Männer und Frauen erzählenderweise den Sonntag beenden.
Und... BIERGÄRTEN. Davon kann ich nicht genug bekommen. Durch eine Wohnsiedlung hindurch führt mich der Weg in einen mit Hecken umzäunten wunderschönen Biergarten mitten im Trubel der Großstadt. Ein Radler, ein Wurstsalat- und ich fühle mich so heimisch. Am Nebentisch wird über Barsch, Rauchen und die Baustellen in der Stadt geredet. Ich höre fasziniert zu. Da man dies anscheinend bemerkt hat, werde ich nach jeder wichtigen Aussage mit Blicken bedacht und erst wieder losgelassen, wenn ich den Satz mit abnicke.
Zufrieden gehe ich nach dem Essen ins Hotel und ärgere mich schon gar nicht mehr über den schlechten Netzempfang. Die Baustellen- die sind mir bereits auf der Hinfahrt aufgefallen, aber erst am nächsten Tag erfahre ich, dass hier eine U-Bahn gebaut wird und so die Stadt in Gänze eine große Baustelle ist. Hach, wie schön, wie in Bonn! Nagut, wir haben schon eine U-Bahn- aber lass dir gesagt sein, du schöne Stadt, wenn die U-Bahn fertig ist, wird es neue Gründe für Baustellen geben. Schöne Städte, liebenswerte Städte, brauchen Baustellen.
Du zeigst mir deine Stadt, gehst mit mir auf den Turmberg und erklärst mir die Schönheit von oben. Ruhige Worte, fesselnde Worte und immer starke Arme und ein Körper wie eine Mauer, der mich vor dem Wind schützt. Ich fühle mich wohl. Wie sollte es auch anders sein, war ich doch schon wieder in einem Biergarten, habe mich durch deine Baustellen gewühlt und festgestellt, dass rote Ampeln nur empfehlen, stehen zu bleiben- nicht das weiterfahren verbieten. Wie hast du mir gesagt? "Eine grüne Ampel bietet lediglich eine legale Möglichkeit, die Kreuzung zu überqueren, es bedeutet nicht, dass es sicher ist." So- oder so ähnlich war es. Die rote Ampel bedeutet dann wohl die illegale Möglichkeit mit der gleichen Option auf Sicherheit.
Der Blick vom Turmberg könnte auf das Siebengebirge fallen- so ähnlich wirkt es. Was fehlt, ist der Rhein.
Ich lerne ein paar Sehenswürdigkeiten kennen. Vom Auto aus. Schade, aber die Zeit reicht nicht. Ich schaue Aquarien an und verliebe mich aufs Neue in die faszinierende Welt der Aquaristik. Auf einer sich bewegenden Platte lerne ich, wie sich ein Erdbeben anfühlt und beobachte, wie sich Strömungen verändern, wenn man Gegenstände ins Wasser lässt, das Wasser staut oder ungleich hinzu fließen lässt.
Ich lerne, dass ich mich wohl fühle und gehalten werde. Ich weiß, dass ich noch so viel sehen möchte - und auch werde. Vielleicht treffe ich den Mann, der mich nach dem Frühstück mit seinem alkoholgeschwängerten Geprolle erheitert hat. Wie zu Hause. Nicht die Stadt war der Grund, hierherzukommen. Du warst es. Die Stadt wird ein Grund sein, wiederzukommen. Bonn hat eine Zwillingsschwester.
Nun tut mein Körper weh. Mein Rücken, mein Kopf, meine Seele. Ich sitze zu Hause und denke zurück, wohl wissend, etwas verloren zu haben. Wohl wissend, etwas gewonnen zu haben. Traurig denke ich an die wunderschönen Stunden zurück ohne zu wissen, was echt war. Ohne zu wissen.
Das bisschen Glück habe ich verdient. Mit diesem Wissen lasse ich los und schließe ab. Traurigkeit überkommt mich wie eine Welle ohne entrinnen.

"Du bist so gierig, ich glaub, ich verlier mich,
Probier nicht mehr zu entkomm'.
Beiß mich, verschling mich, zerreiß mich,
Ich weiß, ich hab keine Chance."

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