Montag, 29. Oktober 2012

Lernen

Du lernst fürs Leben.
Du lernst nicht für die Schule, du lernst für dich selber
Wie oft haben wir das alle gehört und nicht geglaubt. Wie oft haben wir uns alle überlegt, was genau wir eigentlich noch brauchen, wenn wir aus der Schule sind - nagut, Lesen, Schreiben, Rechnen. Reicht oder? Nach vier Jahren Grundschule könnten wir ins Berufsleben einsteigen und alles weitere gibt sich. Wie immer.
Das bisschen Allgemeinwissen bekommen wir aus dem Fernsehen ... NEIN- nicht  RTL oder  ähnliche Sender, wir schauen natürlich ARD, ZDF und ARTE damit wir wissen, worüber die  Welt spricht und damit wir lernen, wie man sich in Gesellschaft verhält.
Überredet. RTL und RTL II gehören dazu- denn DARÜBER spricht die Welt auch. Zumindest Twitter - das ist ja schon ein wenig Welt.
Lernen- damit fing ich an. Reicht lesen, schreiben und rechnen können? Wann hören wir auf zu lernen? "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr" wurde und wird immer wieder gerne gepredigt.
Natürlich reicht das nicht aus. Neben dem, was wir weiterhin mit Rechnen, Schreiben und Lesen lernen können müssen wir auch ganz andere Dinge an uns heranlassen: Teamfähigkeit, Soziale Kompetenz, Vertrauen, Gefühle etcpp.
Das lernt man nie aus. Mittlerweile denke ich, dass man bis zu seinem letzten Atemzug das Leben lernen muss.
Was ist aber mit den Menschen, die das nicht lernen wollen? Die Problemen aus dem Weg gehen, nicht kommunizieren können, nicht fähig sind, Kritk anzunehmen und darüber nachzudenken? Die - das "Fähnchen im Wind"- gleich ihre Meinung so anpassen, dass sie nicht anecken. Mit dem Strom schwimmen? Lieber sich Menschen entledigen als sich auch Ungereimtheiten oder Krisen zu stellen?
Diese Menschen tun mir leid. Nein- falsch. Sie sind gefährlich. Sie machen kaputt, nicht nur einzelne Menschen, wir haben aus der Geschichte gelernt, dass sie ganze Völker auslöschen wollen. Können zum Glück noch nicht.
Ein Vorurteil? JA!
Was ist mit den Menschen, die krank sind? Die nicht in der Lage sind, die soziale Kompetenz zu erlernen- oder sie zwar beherrschen aber nicht ausüben können? Die Menschen, für die Lernen Stress bedeutet, die den Problemen aus dem Weg gehen, weil sie Arbeit und damit Kranksein bedeuten, die die Nähe von Menschen nicht zulassen können, weil sie so sehr mit sich selber beschäftigt sein müssen?
Ich freue mich, dass in der heutigen Zeit solchen Menschen geholfen werden kann. Glücklich sind die, die es erkennen und offen zu sich selbst auch den sie unterstützenden Fachkräften helfen, damit sie wieder Kämpfen lernen.
Das Leben mit solchen Menschen ist schwer und anstrengend. Solange man sie nicht gut kennt, ist es einfach. Es interessiert ja nicht, man zieht sich das aus dem Menschen was man braucht und überlässt den Rest sich selber.
Lernt man den Menschen hinter den manigfaltigen Krankheiten, die es diesbezüglich gibt, kennen, so stellt man fest, dass tatsächlich mehrere Charactere in einer Hülle stecken können. Ganz tolle, liebenswerte Menschen, die durchaus in der Lage sind zu arbeiten, zu kämpfen, zu fühlen - aber leider gefangen von einer Ära, die dies selten zulässt. Zuzulassen zu lernen, wie man besiegt, ist so schwer, so anstrengend. Zu verstehen, dass diese Menschen es nicht können, ist ein Lernprozess der mindestens so anstrengend wie der Bau eines Hochhauses scheint.

Ich lerne.
Ich hoffe, ihr auch!

Freitag, 19. Oktober 2012

Denk an mich

Vergesse mich nicht, so als wäre ich überhaupt nicht mehr da.
Mein Gedächtnis ist umhüllt in Nebel, aber mein Herz ist klar.
Kritisiere nicht meine Unfähigkeiten,
Wenn ich mich doch nur an die einfachsten Aufgaben erinnern könnte.
Sei nicht verärgert über meine ständig gleichen Fragen
Ich bin verängstigt und verwirrt
Deine Antworten können mich nicht erreichen.
Bitte, höre nicht auf, mich zu lieben, auch wenn meine
Reaktionen unpassend sind.
Sei geduldig und herzlich und erinnere mich an mein früheres Verhalten, bevor es
verschwand mit anderen Teilen meines Gedächtnisses.
Nimm es mir nicht übel, dass ich ständig auf der Suche nach Zuhause bin
Dies hier ist nicht mein Zuhause, nichts kommt mir bekannt und sicher vor
Wenn ich nach Hause könnte, würde ich sicherlich dort meine
Erinnerungen wieder finden.
Erinnere mich nicht an meine Schmerzen.
Ich kann mir nicht ins Gedächtnis zurückrufen, ob meine Liebste gestorben ist
oder mein Haus abgebrannt ist.
Spreche nicht mit mir wie mit einem Kind.
Ich habe in meinem Leben viele Erfahrungen gemacht, auch wenn ich jetzt kindlich wirke.
Halte Deinen Namen und den Platz, den Du in meinem Leben hattest in meiner Erinnerung wach.
Ich mag es, wenn Du mich wachrüttelst, ich möchte Deine Liebe und Güte spüren.
Zeig mir die Welt- Natur, Musik, Kunst.
Denn ich habe vergessen, welche unendliche Freude darin liegt.
Unterstütze mich darin, zu fühlen, dass ich lebendig bin, mit meinem zur Verfügung stehenden Möglichkeiten
Verzeih mir meine Fehler in der Vergangenheit
Wenn ich es nur wüsste, hätte ich mich längst dafür entschuldigt
Du brauchst nicht unsere Zeit mit vielen Worten füllen,
Deine Nähe füllt meine Leere.

Hab mich lieb für das was ich bin und die Person, die ich einmal war.

(Al-Hafez, Juni 1997)

Montag, 8. Oktober 2012

Mein bester Freund

Mein bester Freund,

kennst du noch meinen Küchentisch? An dem sitze ich jetzt. Eine Kerze ist an, sie riecht nach Vanille, unglaublich streng und Ikeamäßig, aber es passt zur Stimmung. Natürlich ist das Radio an und spielt - wie sollte es anders sein- traurige, langsame, einfühlsame und nachdenkliche Lieder. Passend zu einem Sonntagabend im Oktober.
Vor einigen Tagen hast du mir gesagt, dass dir meine Kritik an Deiner Person am Wichtigsten ist. Das war für mich klar, immerhin war mir deine Kritik auch immer wichtig gewesen- so wichtig, dass ich sie mir zu Herzen genommen habe und die Punkte, die ich ändern konnte, geändert habe. (Im Radio läuft Janis Joplin..)
Ich habe dir eine lange Mail geschrieben, Eine Kritikmail- da du sie wolltest. Aber sie kam nie an.
Jetzt schreibe ich den zweiten Teil, der, der mir viel, viel leichter fällt. Dir sagen, wieso du mein bester Freund bist:
Komisch, man spricht ein paar Mal miteinander und stellt fest- man kennt sich. Schon ewig. Gleichzeitig stellt man fest, dass man bereit ist, von dem Anderen zu lernen.
Zunächst hast du versucht, mir Vertrauen beizubringen. Vertrauen, dass ich verloren hatte, dass ich nicht mehr aufbauen wollte. Vertrauen in Menschen. Unmöglich, dachte ich, unmöglich, ich wurde so oft enttäuscht- ich will das nicht mehr. Du hast es geschafft. Es hat 2.5 Jahre gedauert- aber du hast es geschafft. Vor drei Wochen kam es wie in Blitz in mich: Ich vertraue ihm- uneingeschränkt.
Wir haben uns Nähe beigebracht. Beide sind wir Menschen, die Gefühle für sich behalten und mit Masken und gespielter Stärke versuchen, glücklich zu werden. Es hat nicht viel Übung gebraucht für uns. Wir konnten gemeinsam weinen, lachen, ängstlich sein, uns in den Arm nehmen, genießen. Seit einem Jahr - ungefähr - habe ich das Gefühl, bei dir "zu Hause" zu sein.
Wir haben Streiten gelernt. Ich erinnere mich an Situationen, in welchen wir wie zwei trotzige dreijährige Kinder gehandelt haben. Und uns natürlich beide im Recht fühlten. Und selbstverständlich waren. Keine Frage. Mittlerweile können wir konstruktiv streiten. Ähm. Aber oft geht es!!
Wir haben uns Bewegung beigebracht, und den Spaß daran. Nagut, den 10 km - Lauf, den haben wir  nie hinbekommen- aber sei mal ehrlich- wir wollten es auch nie :) ABER wir waren walken, so wie du es im Mai gesagt hast: Bis September halten wir durch. Haben wir. Fast immer. Unsere Munzee-Touren haben so viele Kilometer verschlungen- die wir IMMER ergangen sind. Außer einmal, als wir mit unseren Rollern eine der wenigen aber wunderschönen Touren gemacht haben. Den "Walk The Rhine" haben wir nicht geschafft, aber vorgenommen ist schon fast geschafft!
Wir haben uns Ruhe und Entspannung beigebracht. Im Urlaub, auf dem Sofa, (With a little help from my friends - Joe Cocker) am See, im Hof, auf dem Balkon. Nachmittage und Abende, an denen jeder für sich am Pc, am Laptop, am Iphone oder am Ipad saß oder man sich einfach angeschwiegen hat. Man musste nicht sprechen um sich wohl zu fühlen. Man musste nur "Sein." Wir sind über die Wochenenden weggefahren und haben uns schlechtes Wetter gewünscht, damit wir im Bett liegen und faul sein können- DAS konnten wir bestens!
Wir haben uns Kochen beigebracht. (Just an Illusion). Deine Salate sind die geilsten, die ich je gegessen habe. Unsere Kreationen im Wok waren immer mit anderen Zutaten- immer improvisiert- aber immer absolut gleich geil. Kochbücher waren notwendig um zu wissen, auf was wir Hunger haben, aber Rezepte sind veränderbar, das Ergebnis damit meist leckerer als die Bilder im Buch.
Wir sind zu den Top-Trash-TV Experten geworden. Nicht nur, wir waren uns einig, dass wir die beste Jury bei DSDS. Supertalent und Popstars sind. Dass wir "Wer wird Millionär" immer gewinnen würden und dass Frauentausch die schlechteste Sendung ever ist. Ach und die süßen bei Bauer sucht Frau.... Pfillipp und Pfeit. die Pferdebauern, was hast du sie geliebt und ich sie furchtbar gefunden ;)
Ungeliebte aber notwendige Feierlichkeiten haben wir gemeinsam überstanden.
Gelästert haben wir. Über alles was uns einfiel. Tränen haben wir gelacht, so sehr, dass uns der Bauch weh tat. Die Bilder davon sprechen Bände. 
Unzählige Gespräche haben wir geführt, in welchen wir uns gegenseitig stärkten, aufräumten und Mut machten. Damit wir später, wenn auch deine Krankheit es zulässt, ein freundschaftliches Leben miteinander führen können, jeder für sich aber immer im Wissen- da ist mein bester Freund, den ich nie hängen lassen werde. Für den ich immer da sein werde. Immer. Immer im Wissen, dass man nach Hause kommen darf.
Ach, deine Krankheit. Ja, sie ist da. Aber wir haben gekämpft. Über Jahre gekämpft, damit ich nie nie nie an deinem Grab stehen muss um Abschied zu nehmen.
Abschied zu nehmen so wie jetzt.
Nein, das JETZT ist schlimmer. Es ist das Ende. Man sagt, dass das Ende gut ist- und wenn es nicht gut ist, dann ist es kein Ende. Aber jede Regel hat eine Ausnahme. Leider.
Fliegen lerne ich nun ohne meinen besten Freund.
Nach Hamburg komme ich wohl nie.
Ballonfahren... das wollte ich sowieso nie.
SEIN kann ich alleine. Muss ich ja.

Das letzte, das du mir beigebracht hast, war das schmerzvollste: Du hast es dir offengelassen, ob wir Freunde sind. Du kannst nicht zwei Freunde nebeneinander haben. Oh- doch. Gestern, an meinem Geburtstag, hast du mir gesagt, dass du es wohl "musst". Nein, man muss nichts im Leben. Ich wollte sprechen, dachte, ich hätte es verdient, von Angesicht zu Angesicht mit dir über dieses Ende zu reden. Deine Möglichkeit war sehr angenehm für mich: "Du wollest mich sehen? Wir treffen uns mit Bruder, Schwägerin und Vater beim Brunch". Danke! Danke für die Möglichkeit, mit dir darüber zu sprechen. Ich habe sie wohl verpasst, den genutzt habe ich dein Angebot nicht. Deine Antwort auf die Frage, wie es denn nun mit uns wäre war: "Läuft". Das kleine Wörtchen "weg" hast du sicherlich mit Absicht weggelassen.

Mein größter Freundschaftsdienst kann eigentlich nur einer sein: Ich gebe ein Stück meines Herzens auf und hoffe, dass du das, was ich dir mitgebe, tausendfach weitergibst: Liebe, Wärme, Respekt, Wertschätzung und Ehrlichkeit. Keine Floskeln.

Erinnerst du dich? Trotzig wie eine Dreijährige? Und nicht nur das, sondern auch gefühlvoll wie ein Baby: Ich kann es nicht ertragen, dich auf Twitter zu lesen.Mein wundes Herz muss heilen.
Ich kann es nicht ertragen, keine WhatsApp zu bekommen. Mein wundes Herz muss heilen.

Ich danke Dir für die Freundschaft, die ich empfinden durfte. Für all die schönen Stunden, die ich hatte, für alles echte Lachen, das ich in mir spürte.

Du warst mein bester Freund. Du warst ein Stück meines Herzens, ein Stück von mir. Ein Juwel in rot.

Ich habe mein Versprechen nicht gehalten, immer für dich da zu sein. Ich hätte es gerne!

Für deine Zukunft wünsche ich Dir, dass du Menschen wie mich kennen und schätzen lernst. Du hast mir geschrieben: "Ich bin stolz auf Dich. Denn so jemanden wie Dich hat nicht jeder. Ich kann mit dir angeben, wenn ich will :)"
Wenn du noch so jemanden findest, dann GIB AN. Schenk all das zurück was du bekommst und kämpfe. Das sind die Lichtblicke des Lebens, die man halten und pflegen sollte. Um die man kämpfen muss.

Ich habe gekämpft- du hast gewonnen. Alles Gute. Ich hab dich lieb. Viel.