Ok, ich habe ein wenig nachgedacht. Zuerst:
Ich habe tatsächlich immer Freundschaft bei uns gesehen.
Deine Art, mich kaputtmachen zu wollen, habe ich akzeptiert. Musste ich ja, da
du mir als Mensch wichtig warst. Alles, was ich dir in den Jahren der Freundschaft
gesagt habe, war auch genau so gemeint. Jedes Wort. Auch, als ich dir sagte,
dass ich nicht naiv bin und sehr wohl weiß, dass du in deinem Alter wohl eher
etwas Jüngeres brauchst um deine Bedürfnisse zu befriedigen (ok- ich habe mich
damals anders ausgedrückt- aber so war es gemeint). Es war mir immer klar, dass du mir irgendwann
erzählst, dass du dich verliebt hast – und alles, was danach folgt. Aber: Ich
habe immer gedacht, dass ich ein Teil davon sein werde, dass du mich mitnimmst.
Damit meine ich: Dass du erzählst, mich teilhaben lässt. Mich teilhaben lässt
an deiner Freude. An deinem Glück. Mich, als Freundin. Nicht nur teilhaben
lässt an deiner Trauer, deinen Sorgen, deiner Langeweile, deiner unbefriedigten
Lust, deiner Unzufriedenheit.
Du hast mir, als es mir so schlecht ging damals, einen roten
Faden gewebt, der mir geholfen hatte, die Spur zu halten. Dafür war ich dir so
dankbar, dass du einiges gut hattest. Das habe ich, so denke ich, tausendfach
zurückgeben dürfen. Alles was bleibt, ist die Vertrautheit, die ich spürte. Bis
eben.
Dann sagtest du mir, dass ich in dein echtes Leben nicht
passe. Komisch. Genau da wolltest du aber in meinem Leben sein. In meinem
echten Leben. Und: Das war auch ok für mich nach all der Zeit, in welcher du um
meine Freundschaft gekämpft hattest. Du hast mir versprochen für mich zu
kochen. Mit mir ins Kino zu gehen- sogar Hamburg hattest du mir
versprochen und ich habe nichts weiter
gesehen als einen Abend oder eine Zeit zusammen mit einem sehr guten Freund.
Nicht mehr. Aber auch nicht weniger. Spaß, Unterhaltung, Freude. Loslassen
können von all dem Stress der im Leben auf einen zukommt – zusammen sein mit
einem Freund. Komischerweise habe ich bis eben gedacht, dass du das auch so
gesehen hast. War dein Weinen am Telefon auch gespielt? Ja, ich habe das
gewusst. Aber eine Antwort wäre schön.
Nun weiß ich nicht weiter. Ich habe am Telefon einen ganz
anderen Menschen gehört als den, den ich kenne. Kannte ich immer eine Hülle?
Wieso hast du dich an mich gewendet? Wieso hast du mich
wieder angeschrieben? Wieso hast du mich nicht genauso weit weggestoßen, wie du
es im Sommer gemacht hast? Was hat dich dazu geführt, dass du dich wieder
gemeldet hast? War ich doch nicht so unwichtig? Kannst du mir das bitte
erklären? Das habe ich verdient und ich möchte es wissen.
Das du unglücklich bist: Ja, das verstehe ich. Ich verstehe,
dass, wenn Schmetterlinge nach so kurzer Zeit weg sind, diese wohl wirklich nur
Schmetterlinge waren. Nun kommt die alte Ela, die, die diese ganze Scheisse
schon hinter sich gebracht hat, ins Spiel:
Es gibt zwei Möglichkeiten: Ihr seid noch nicht werdende
Eltern, habt noch kein Haus- dann TRENNE DICH. Das wird nichts. Alles nur Kopf-
Vernunft. Jetzt ist eine Scheidung billig bis umsonst.
Es ist ein Kind unterwegs und der Hausbau/Kauf schon
geplant: Lass es trotzdem sein- aber geordnet. Du wirst dein Glück noch finden.
Oder auch nicht. Aber DAS ist nicht dein Glück- das ist nur ein glücklicher
Moment gewesen. Moment- mehr ist es nicht.
Schmetterlinge sind schnell weg- aber nicht nach so kurzer
Zeit. Danach kommt das tiefe Vertrauen, die Liebe. Weißt du noch, als wir
darüber geredet hatten? Weil du all das nicht verstehst?
Ich habe dich immer als einen großen Benni angesehen. Ich
denke, du bist sehr klein.
Jetzt musst du stark sein. Falsche Entscheidungen sind nicht
das Ende. Im Gegenteil- man lernt. Ich habe lange Jahre gelitten. WEIL ich
nicht den Schlussstrich gezogen hatte, als ein Kind unterwegs war, sondern
still gelitten habe. Das hat sich gerächt. Jahrelang. Bis Tom kam.
Ein wenig hatte ich dir erzählt, wenn du möchtest, erzähle
ich den Rest auch. Aber die Erfahrung, die kann ich dir nicht nehmen. Für mich
kann ich nur sagen: Es ist vorbei. Ich lebe. Ich bin glücklich. Mir geht es
gut. Ich habe super Freunde. Du fehlst. Du gehörtest dazu. Das Schlimmste: ich
WOLLTE dass du dazu gehörst. Ich wollte dich integrieren. Dir Bonn zeigen. Dich
noch lange, lange als Freund haben. Als Freund.
Du bist feige. Ich weiß. Aber ich habe Brücken gebaut ohne
Ende. Im Prinzip ein echter Architekt. Bin auf dich eingegangen, auf deine Bedürfnisse
und deine Bedarfe. Habe mich zurückgestellt und meine Bedürfnisse und Bedarfe
woanders gestillt. Weil du es gerade so gebraucht hast. Geben und Nehmen.
Nun sei mal nicht feige. Ich helfe dir, sofern du meine
Hilfe möchtest. Ich bin da, sofern du es möchtest. ABER ICH MÖCHTE, DASS DU
AUCH DA BIST. Geben und nehmen.
Wieso ich? Wieso wieder ich?
Bin gespannt auf deine Antwort. Und nun habe ich keine Zeit,
denn ich will, ja ICH WILL eine Antwort. Eine ehrliche Antwort. Das habe ich
verdient.
Danach kannst du mich streichen- komplett für immer. Manche
Menschen merken nicht, wenn sie etwas Gutes haben. Manche Menschen merken
nicht, wenn sie etwas Gutes verlieren.
Ich habe im September nicht geweint. Im Oktober auch nicht,
obwohl ich vielleicht vor dir wusste, was passiert. Nun tue ich es. Weil du
mich wie eine Fremde behandelst. Weil du unehrlich bist. Weil du – wie du Tom
immer nanntest – ein Arschloch bist. Und weil ich immer noch zu dir stehe.
Immer noch.
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